Rotmilanprojekt - Biologische Schutzgemeinschaft - Vereinigung für Natur- und Umweltschutz zu Göttingen e. V.

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Rotmilanprojekt

Seit Ende der 80er Jahre ist im Landkreis Göttingen ein leicht rückläufiger Trend der Bestandsdichten zu verzeichnen. In den Jahren, in denen die Brutpaare erfasst wurden konnten immer wieder aufgegebene Bruten beobachtet werden. Die Rotmilane beginnen eine Brut und verlassen diese, aus bislang nicht immer eindeutig nachzuweisenden Gründen, zu unterschiedlichen Zeiten. Eine Theorie ist, dass die Vögel während der Brut am Nest gestört werden und aufgrund dessen das Nest aufgeben. In Nestern in denen bereits Jungvögel gesehen wurden, könnte Nahrungsmangel direkt wie auch indirekt zu einer erfolglosen Brut führen. Diese Ursachen sollen mit Hilfe der Nestbeobachtung geklärt werden.

Für Deutschland liegt der mittlere Wert des Bruterfolges (ausgewertet: 10556 begonnene Bruten) bei 1,68 Jungvögel pro Paar (Vortrag Mammen 2007, zitiert in Aebischer 2009). In ganz Europa haben von 24 untersuchten Regionen nur vier Regionen einen ähnlich schlechten Bruterfolg, in allen anderen Regionen liegt der Wert zwischen 1,3 – 1,9 (Aebischer 2009).

Dabei liegt die Zahl der ausgeflogenen Jungen pro erfolgreiches Paar deutschland- und europaweit bei ca. 2 Jungvögeln. In vielen Jahren schaffen das die erfolgreichen Paare im Untersuchungsgebiet V 19 auch. Die Zahl der Brutaufgaben/Brutverluste liegt deutschlandweit allerdings nur bei 19% und hat in den meisten Regionen Europas einen ähnlich niedrigen Wert. Im V 19 ist dieser Wert deutlich höher.

Der geringe Bruterfolg kann eine wichtige Ursache für den Rückgang des Brutbestandes im V 19 sein.

Die Untersuchungen zum Projekt wurden im Rahmen einer Dissertation von Frau Nicole Wasmund durchgeführt. Ergänzt wurden sie durch Bachelor- und Masterarbeiten. In der Zeit von 2009 bis 2011 entstand hier eine umfassende Informationsseite über das Projekt der Universität Göttingen, Abteilung Naturschutzbiologie, und der Biologischen Schutzgemeinschaft zu Göttingen e. V. Das Projekt wurde in Kooperation mit der Unteren Naturschutzbehörde, dem Landschaftspflegeverband Göttingen und der Staatlichen Vogelschutzwarte Niedersachsen durchgeführt.



© 2011 rotmilanprojekt.de, ein Projekt der Biologischen Schutzgemeinschaft Göttingen e. V., 2018 aktualisiert und eingebettet in die Homepage der BSG. Zusätzliche Texte wurden farblich markiert.
Verbreitung und Bestand
Der Rotmilan ist fast ausschließlich in Europa beheimatet. Sein Vorkommen reicht im Norden bis nach Schottland und Südschweden, im Mitteleergebiet findet man Brutpaare in Sizilien, Sardinien, Süditalien, Korsika und den Balearen. Auch in Portugal und Spanien sind in weiten Teilen Rotmilane zu finden. Im Osten Europas sowie im Baltikum ist die Verbreitung, bis auf Polen, nur lückenhaft (AEBISCHER 2009).

Über die Hälfte (ca. 60%) der Rotmilanpopulation ist in Deutschland zu finden. Der aktuelle Trend verläuft für Deutschland, wie für die Länder Frankreich und Spanien, in denen die nächst höchsten Populationen zu finden sind, gleichbleibend bis negativ. Der Weltbestand wird derzeit auf ca. 20.000 bis 25.000 BP geschätzt. (AEBISCHER 2009). In der Roten Liste (IUCN) befindet sich der Rotmilan auf der Vorwarnliste (near threatened).

In Deutschland wird der Bestand auf ca. 10.000 bis 12.500 Brutpaare geschätzt (MAMMEN 2009).

Eine starke Abnahme des Rotmilanbestandes gab es ab der zweiten Hälfte des 19. und der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts. Bis 1990 gab es dann aufgrund des Verbotes der Greifvogeljagd wieder eine Zunahme des Bestandes und der Bruterfolg war dementsprechend hoch. Erst mit der Wiedervereinigung und der damit zusammenhängenden Veränderung in der Landwirtschaft gingen die Bestandszahlen vor allem in Ostdeutschland erheblich zurück. Besonders im Verbreitungszentrum, im nordöstlichen Harzvorland in Sachsen-Anhalt war eine Abnahme von 50 % zu verzeichnen (MAMMEN et al. 2006). Dennoch wird hier immer noch die höchste Dichte in ganz Deutschland erreicht. Seit dem Rückgang der Art hat sich der Bestand in Deutschland in den Jahren 2000 bis 2008 ungefähr konstant gehalten (AEBISCHER 2009).

Momentan befindet sich der Rotmilan im Status 1 (regelmäßig, d. h. in mindestens drei aufeinander folgenden Jahren, und ohne Zutun des Menschen in Deutschland brütend), ist mäßig häufig und der Bestand gleich bleibend bis abnehmend und es besteht zudem das Risiko dramatische aktuelle Bestandseinbußen zu geben (BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ 2009).

Niedersachsen liegt am nordwestlichen Rand des Gesamtverbreitungsgebietes und hat nach Erfassungen im Jahre 2006 einen Bestand von ca. 900 Brutpaaren. Dies entspricht einem Rückgang von 15 % zum Erhebungsjahr 2000. Niedersachsen umfasst  einen Anteil von ca. 8 % des Gesamtbestandes in  Deutschland (KLEIN et al. 2006). Vor allem die südöstliche Landeshälfte von Niedersachsen weist hier hohe Zahlen von Rotmilanbrutpaaren auf.

Lebensraum und Nahrung
Der Rotmilan ist ein typischer Offenlandvogel, der sich vor allem in landwirtschaftlich genutzten Gebieten mit hoher Heterogenität aufhält. Als Nahrungsopportunist sucht er Flächen mit niedriger Vegetation, Seen, Feuchtgebiete, Ortschaften und auch Müllhalden nach potentieller Beute ab. Diese Beute stellen Kleinsäuger bis zur Größe von Junghasen, Vögel (v. a. Singvögel), Reptilien, Amphibien, Fische aber auch Insekten und Regenwürmer dar. Er ist bekannt dafür gern Aas, z. B. von Straßen oder auch Hausabfälle aus Ortschaften aufzunehmen. Es werden vom Rotmilan jeweils die für ihn verfügbaren Nahrungshabitate genutzt, so dass es regional starke Unterschiede in der Nahrungszusammensetzung geben kann.

Untersuchungen zum Beutespektrum fanden vor allem im Hakel (WUTTKY 1963 u. 1968, TRAUE & WUTTKY 1966, STUBBE et al. 1991, MAMMEN & STUBBE 1995, WEBER & STUBBE 2000), aber auch im Biosphärenreservat Rhön (HILLE 1995), in Landkreis Gießen/Hessen (SCHEVE 1998) und in Sachsen und Südbrandenburg (NACHTIGALL 2008) statt. Außerhalb Deutschlands wurde der Rotmilan und dessen Nahrungsökologie vor allem in Großbritannien (CARTER 2001), in Wales (CROSS & DAVIS 2005, DAVIS et al. 2001) und auf Korsika (MOUGEOT & BRETAGNOLLE 2006) erforscht. NACHTIGALL (2008) ermittelte in seiner Untersuchung in Sachsen und Südbrandenburg vor allem Vögel und Haustierreste als Nahrung, aber auch Fische, Säuger, Kleinsäuger und Lurche/Kriechtiere. In 100 Prozent der untersuchten Gewölle fand HILLE (1995) ihn ihrer Untersuchung im Biosphärenreservat Rhön Säugetierarten. Vögel nahmen erst im Laufe des Sommers von 40% auf 80% zu.  Unter den Säugern waren vor allem Wühlmäuse (Microtus arvalis, Arvicola terrestris), juvenile und adulte Hasen (Lepus europaeus), Maulwürfe (Talpa europaea), Eichhörnchen (Sciurus vulgaris), Igel (Erinaceus europaeus), Dachs (Meles meles), Reh (Capreolus capreolus) und Wildschwein (Sus scrofa). Die größeren Arten dürften als Aas aufgenommen worden sein. Bei den Vögeln handelte es sich vor allem um Drosseln (Turidae) und Krähenvögel (Corvidae). Weiterhin wurden Regenwürmer und verschiedene Arthropoda als Beute nachgewiesen.

Anders als der Schwarzmilan (Milvus migrans) ist der Rotmilan nicht an Wasser gebunden und kommt auch in Gebieten ohne Seen und Fließgewässer vor. Größere Waldgebiete werden von ihm meist gemieden, auch jagt er nicht in diesen. Durch ausdauernde Suchflüge über das Offenland, die durch einen energiesparenden Gleitflug, in geringer Höhe, über die Flächen gekennzeichnet sind, findet er seine Beute und gleitet in einem mehr oder weniger spitzem Winkel zur Erde und greift beim Darüberhinwegfliegen blitzschnell zu, ohne sich, wie z.B. der Mäusebussard (Buteo buteo) auf dem Boden niederzulassen. Durch diesen Gleitflug erfasst er einen sehr großen Ausschnitt seines Jagdrevieres (HILLE 1995, ORTLIEB 1995). Auch das Picken zu Fuß auf umgegrabenen Flächen oder Grünland wurde schon beobachtet. Hier wird dann meist nach Regenwürmern oder toten Tieren,   z. B. nach der Grünlandmahd gesucht. Anders als den Mäusebussard sieht man ihn nur selten erhöht auf Pfählen oder Ästen sitzend, nach Beute Ausschau haltend. Gelegentlich jagt er stattdessen anderen Greifvögeln Beute im Flug ab (HILLE 1995). Kleinere Beutetiere werden dann meist schon im Flug gekröpft (ORTLIEB 1995).

Brut und Jungenaufzucht
Der Großteil der Rotmilane beginnt in einem Alter von drei Jahren erstmalig zu brüten (AEBISCHER 2009). Es gibt jedoch auch Vögel die zeitiger oder im späteren Alter zu brüten beginnen. Rotmilanpaare, die nicht im Winter nach Süden ziehen, können diesen auch in der Nähe des Brutrevieres verbringen. Meist jedoch kommen die Milane im Frühjahr, ab Februar in die Reviere zurück und beginnen mit ihrem Partner ab März zu balzen. Ab frühestens Ende März, meist jedoch ab Anfang April beginnen die Weibchen dann zwei bis drei, selten vier Eier zu legen. Ein kühler März verzögert den Brutbeginn und fangen die Rotmilane früher zu brüten an, fliegen mehr Jungvögel aus (MAMMEN & STUBBE 1995). Die Intervalle zwischen dem Legen der einzelnen Eier können zwischen zwei bis vier Tagen liegen. Die Eier werden dann ca. 33 Tage vorwiegend vom Weibchen bebrütet (WALZ 2005). Das Männchen versorgt das Weibchen während dieser Zeit mit Nahrung.

Die Nester der Rotmilane können sich in unterschiedlichen Baumarten, wie Buchen, Eichen, Kiefern u.a. befinden. Meist stehen diese in Waldrandnähe oder auch in Baumgruppen oder Einzelbäumen.

Während der letzten Phasen der Brut beginnen die Rotmilane teilweise, Beute im Nest zu sammeln (ORTLIEB 1995). Während der ersten Tage sind die Jungvögel gegen schlechte Witterungseinflüsse sehr anfällig, da sie ihre Temperatur nicht selbst aufrechterhalten können und werden in dieser Zeit ausgiebig vom Altvogel gehudert. Mit zunehmendem Alter der Jungvögel beginnt das Weibchen wieder zu jagen und entfernt sich zunehmend vom Nest.  Die Jungvögel bleiben ca. 51 (SCHEVE 1998, NACHTIGALL 2008) bis 55 Tage (WALZ 2005) im Nest, bevor sie ausfliegen . In der Zeit nach dem Ausflug, der sogenannten Bettelflugperiode, werden sie noch ca. 25 Tage von den Altvögeln gefüttert (WALZ 2005).

Im Rahmen des Rotmilanprojektes soll erstmals die Nahrung der Rotmilane während der Brutzeit quantitativ und vollständig analysiert werden. Dafür wurden im Landkreis Göttingen 2009 zwei Nester mit Kameras versehen und die Methode der Videoüberwachung erprobt. 2010 wurden drei weitere Kameras installiert. Die Methode eignet sich zum einen sehr gut zur ständigen Überwachung während der Hellphase als auch zur quantitativen Analyse der Beute. In vorhergehenden Untersuchungen wurde die Beute der Rotmilane mit Hilfe von Gewöllanalysen und Nahrungsresten erfasst. Hierbei konnte jedoch nur eine qualitative Aussage über das Nahrungsspektrum der Vögel getroffen werden. Mit der Kameramethode kann das Gewicht der Beute geschätzt werden. So lässt sich am Ende der Brutzeit abschätzen, ob die Jungvögel ausreichend von den Altvögeln versorgt werden konnten. Der tägliche Nahrungsbedarf eines Jungvogels beträgt ca. 150 g. Mit der Kamerauntersuchung lassen sich so Nahrungsengpässe nachweisen.
Die Ergebnisse lassen Rückschlüsse auf die Nahrungsverfügbarkeit in der Landschaft zu. Im Rahmen des Projektes wurden ab 2011 mehrere Luzerneflächen im Untersuchungsgebiet angelegt, um Schutzmaßnahmen für den Rotmilan zu erproben. Die Nahrungssuche der Rotmilane wird im Rahmen von Bachelor- und Masterarbeiten dokumentiert.

Ziel dieser Untersuchung ist es, die Ursachen für den Rückgang der Rotmilane in der Region herauszufinden und Vorschläge für effektive Schutzmaßnahmen zu erarbeiten.

Maßnahmen zur Verbesserung der Nahrungsverfügbarkeit
Im Landkreis Göttingen wurden bereits im Rahmen des Kooperationsprogramms Naturschutz (FM 432) 444 Hektar Ackerfläche mit Luzerne begrünt, die zur Zeit der Jungenaufzucht der Milane gemäht werden soll. Davon liegen ca. 80 Hektar im V 19.

Vorangegangene Untersuchungen zur Verfügbarkeit von Kleinsäugern im Vogelschutzgebiet 19 (Diplomarbeit Katharina Koch 2010) im Jahr 2009 haben gezeigt, dass Kleinsäuger Flächen mit fehlender Deckung nur in geringer Dichte besiedeln. Nach einer Mahd fallen die Dichten der Kleinsäuger schnell. So sind Grünlandflächen oder auch die für Rotmilane eingerichteten Mahdflächen mit Luzerne vorwiegend im Moment der Mahd für wenige Stunden nutzbar.

Mit zwei Varianten soll erprobt werden, ob sich erreichen lässt, dass die Mahdflächen über einen längeren Zeitpunkt attraktiv zur Nahrungssuche sind. Beide Varianten werden auf Ackerflächen angelegt, dort säen die Landwirte eine Saatenmischung für Grünfutter aus (Gras, Klee, Luzerne; Zusammensetzung nicht festgelegt).

1) Staffelmahd:
Bei der Bewirtschaftung von Staffelmahdflächen wird die Frischfutternutzung für das Vieh nachgestellt, das heißt, es wird öfters ein Teil der Fläche gemäht. So soll die Fläche regelmäßig für Milane nutzbar sein. In den Verträgen wir ein achtmaliger Mahdvorgang in den Monaten der Jungenaufzucht der Milane festgesetzt, wöchentlich einmal in den Monaten Mai und Juni. Bei jedem Mahdvorgang wird ein Viertel der Fläche geschnitten, so dass in zwei Monaten die gesamte Fläche zweimal vollständig gemäht wird.

2) Zebramahd:
Bei dieser Variante werden Streifen von einer Mähwerkbreite in die Vegetation gemäht, der nächste Streifen bleibt ungemäht stehen, der nächste wird wieder gemäht etc. Diese Muster hält einerseits die Kleinsäuger in der Fläche, da noch Deckung verfügbar bleibt und macht andererseits diese Fläche den Milanen zur Nahrungssuche zugänglich, da sie in den Randbereichen der Vegetation Mäuse sehen und ergreifen können. Damit soll die Verfügbarkeit von Kleinsäugern nicht auf kurze Momente beschränkt bleiben.

Eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Entwicklung von Schutzmaßnahmen ist es die Bedürfnisse der Art, welche diese zur Erhaltung einer überlebensfähigen Population benötigt, zu kennen. Grundlegend für das langfristige Überleben ist die ausreichende Versorgung mit Nahrung. Im Rahmen der Untersuchung werden über die Jahre mehrere Nester gefilmt, um die Beute, welche zum Nest gebracht wird zu analysieren. Das jeweilige Beutegewicht wird geschätzt. Daraus lässt sich das täglich eingetragene Gewicht ableiten und letztlich die Versorgung der Jungvögel abschätzen.

Methode
Kameramontage
Um die Beute während der Jungenaufzucht untersuchen zu können, werden an ausgewählten Nestern Kameras installiert.
Das Kamerasystem wurde eigens für diese Untersuchung von der Firma Sikomm, Oldenrode, zusammengestellt.

Zur Technik einer Videoüberwachungsanlage gehört: eine Kamera, Typ EX14 (All Environment Camera, der Firma Extreme CCTV) mit Halterung für die Montage am Horst, ein VideoJet X SN (Network Video Server, der Firma Bosch), jeweils zwei externe Festplatten, zwei Gelbatterien Effekta (12V, 80AH) und ein Pelikoffer, in dem die Technik, die sich unten am Boden befindet installiert ist und wasserfest verschlossen werden kann.
Die Bilder werden von der Kamera mit Hilfe eines am Baumstamm angebrachten Kabels an den am Boden befindlichen Koffer gesendet, in dem sich die Gelbatterie, die externe Festplatte und der VideoJet X SN zur Einstellung und Aufnahme der Aufzeichnung befindet.

Nahrung der Rotmilane
Es wurden 9 Nester im Vogelschutzgebiet 19 (Unteres Eichsfeld) mit Kameras während der Brutzeit beobachtet.

Im Jahr 2009 und 2011 waren die Kleinsäugerdichten gering. Im Jahr 2010  gab es besonders hohe Mäusedichten. Vergleicht man diese Jahre miteinander, lässt sich gut die Bedeutung von Mäusen in den Jahren mit geringen und hohen Dichten erkennen. Der Rotmilan ist ausgesprochen vielseitig bei seiner Nahrungssuche. In Jahren mit geringen Dichten der Mäuse müssen die Milane auf andere Nahrungsquellen verstärkt zurückgreifen.



In allen Jahren spielen neben den Mäusen andere Kleinsäuger, Singvögel und auch die wahrscheinlich tot gefundenen Tiere eine wichtige Rolle. Unter den wahrscheinlich tot gefundenen Nahrungsbestandteilen tauchen immer wieder Abfälle vom Menschen, wie z. B. Schlachtabfälle oder auch Jagdabfälle auf. Der Rotmilan sucht in der Landschaft nicht nur nach lebender Beute, sondern nimmt auch Totes in der offenen Landschaft sowie im Siedlungsbereich auf.

Versorgung der Jungvögel
Die Rotmilanjungvögel benötigen im Laufe ihres Wachtums genug Nahrung um mit guter Kondition ausfliegen zu können. Wieviel die Jungvögel brauchen lässt sich anhand von Literaturdaten aus Handaufzuchten oder Daten zu ähnlichen Greifvogelarten schätzen. Ein gut genährter Jungvogel frisst ab der 3. Lebenswoche ca. 150 g Nahrung.

2010 und 2011 konnten wir zwei Nester von der Eiablage bis zum Ausfliegen der Jungvögel filmen und so einen guten Überblick über die Nahrungsversorgung während der Bruten erhalten.
In dem Nest 2010 waren 2 Jungvögel, die erfolgreich ausgeflogen sind. Hier lag das mittlere Gewicht am Tag bei 340 g (Median ab der 3. Woche). Das bedeutet, ein Jungvogel hat im Mittel 170 g Nahrung am Tag bekommen.
In dem Nest 2011 waren 3 Jungvögel. Diese sind trotz schlechter Versorgung erfolgreich ausgeflogen. Hier lag das mittlere Gewicht am Tag bei 353,5 g (Median ab der 3. Woche). Ein Jungvogel hat somit ca. 118 g Nahrung am Tag bekommen.





Ein direkter Nahrungsmangel lies sich bislang nicht an den Nestern feststellen. Indirekte Faktoren, wie schlechte Überwachung der Nester durch mehr Investition in die Nahrungssuche und Ausfliegen der Jungvögel mit womöglich schlechterer Kondition, spielen eine bedeutendere Rolle.
An zwei Nestern konnte so schon Prädation durch Habichte (Accipiter gentilis) beobachtet werden. Müssen die Rotmilane länger nach Nahrung suchen, haben sie weniger Zeit, die Nester zu bewachen und so Prädatoren bessere Chancen die Jungvögel zu erbeuten.

Seit 2009 werden unterschiedliche Flächen in der Nähe der Brutgebiete beobachtet, um Aussagen über die Nahrungsverfügbarkeit auf den verschiedenen Nutzungstypen über die Zeit treffen zu können.
Ausserdem werden Ortschaften nach nahrungssuchenden Rotmilanen hin untersucht.
Seit 2010 werden zusätzlich Grünlandflächen während der Mahd beobachtet.

Methode
Während der Brutsaison von März bis Juli, werden die nach Nahrung suchenden Rotmilane in der Landschaft beobachtet. Dies erfolgt in definierten Offenlandschaftsausschnitten und während der Mahd von Grünlandflächen. Da Rotmilane auch im Siedlungsbereich nach Nahrung suchen, wurden zudem Ortschaften ausgewählt, die beobachtet werden. Als Kriterium für einen nahrungssuchenden Vogel dient der Suchflug. Die Suchlüge des Rotmilans finden in einer Höhe zwischen 1-50 Metern statt.
Untersucht werden zudem die Nahrungsaufnahmen auf den verschiedenen Untersuchungsflächen. Beobachtet werden die Rotmilane mit Fernglas und Spektiv (Vergrößerung 20 x 60). Die Grünland- und Luzerneflächen werden während der Mahd, aber auch während der Nachbearbeitungen, wie Wenden, Pressen oder Abtransport des Mähgutes beobachtet. Diese Methode wird in jedem Jahr gleich angewand, um die Daten der einzelnen Saisons miteinander vergleichen zu können. Zudem befinden sich die Landschaftsauschnitte in unmittelbarer Nähe der Brutreviere der Rotmilane.




Bedeutung von Aas
Rotmilane haben ein sehr vielseitiges Nahrungsspektrum. Wie lebende Säugetiere, Vögel, Reptilien, Amphibien, Fische, Regenwürmer und Insekten, gehören auch tote Tiere zur Beute dieser Greifvögel. So suchen sie  unter anderem Mahdflächen und Straßen nach toten Tieren ab.

In Kooperation mit Jägern und Landwirten im Landkreis findet seit 2010 zusätzlich eine Untersuchung zur Nutzung von ausgelegtem Fallwild statt. Totes Wild, welches beispielsweise überfahren wurde, wird von den Jägern auf bestimmten Flächen ausgelegt und eine Wildkamera zur Aufzeichnung der Nutzung aufgestellt. Diese Kamera dokumentiert dann, welche Tiere an dem Kadaver fressen und zu welchem Anteil.

Galerie




Videostandbilder

2009

2010

2011



Videomaterial




Zeitungsartikel








Dr. rer. nat. Eckhard Gottschalk
Georg-August-Universität
Department of Conservation Biology
Bürgerstr. 50
37073 Goettingen/Germany
Tel.: ++49 (551) 395637
E-mail: egottsc1#at#uni-goettingen.de

Planung, Betreuung, Kameramontage


M.Sc. Nicole Wasmund

Bei gewünschter Kontaktaufnahme mit Dr. Nicole Wasmund vermittelt Sie die BSG gerne weiter.
E-mail bitte an: mail@biologische-schutzgemeinschaft.de

Planung, Kameramontage, BP- Kartierung, Auswerten der Videos, Beuteanalyse, Homepage, Promotionsstudium (Analyse der Rückgangsursachen beim Rotmilan (Milvus milvus). Die Bedeutung von Nahrungsmangel während der Brutzeit) an der Georg-August-Universität


Dipl. Biologe Werner Beeke
Technische Unterstützung

Gerd Brunken
Brutpaarkartierung und Bruterfolgskontrolle im Vogelschutzgebiet V19

Bachelor- , Diplom- u. Masterstudenten:
B.Sc. Ann-Kathrin Schmidt (Nahrungssuche)
Dipl. Biol. Katharina Koch (Kleinsäugerabundanz)
B.Sc. Moritz Schmid (Beuteanalyse)
M.Sc. Bastian Sauer (Nahrungssuche)

Fotos
  • gekennzeichnete Bilder, Urheberrecht jeweils bei:
Bastian Sauer
  • alle anderen Bilder, Urheberrecht bei BSG:
Eckhardt Gottschalk,
Nicole Wasmund

© Biologische Schutzgemeinschaft Göttingen
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